Hoffnungsvolle Bilanz nach einem Jahr Generalistik

(Juli 2021)

Hoffnungsvolle Bilanz nach einem Jahr Generalistik (Juli 2021)

Im Gespräch über die neue Ausbildung sind sich Helene Hellmich und Sabrina Schöberl einig (v.l.): „Das ist genau der richtige Weg.“
Foto: Frauenhilfe

Im August 2020 starteten die beiden Soester Alten- und Pflegeheime der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen mit der Praxis der generalistischen Ausbildung in der Pflege. Vor einem Jahr wurde im Lina-Oberbäumer-Haus und im Hanse-Zentrum – beide in Soest - ein neues Kapitel in der Pflegeausbildung aufgeschlagen: Die bisher getrennten Ausbildungen - Altenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie Gesundheits- und Krankenpflege - wurden zu einer generalistischen Ausbildung zusammengeführt.

Das Bildungs-Institut für Pflegeberufe mit seinen Standorten in Soest und Hamm, ebenfalls in Trägerschaft der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen, startete die theoretische Ausbildung in der Generalistik. Der Pflegeberuf wurde quasi neu definiert: eine Ausbildung, ein Abschluss, eine Berufsbezeichnung (Pflegefachkraft). Zur praktischen Ausbildung gehören auch Praxiseinsätze in der stationären Altenhilfe.

Sie will in die Pflege gehen und sich um Menschen kümmern – das stand für Sabrina Schöberl schon früh fest. Sie ist Auszubildende im Hanse-Zentrum und erhält ihre theoretische Ausbildung seit letztem Jahr im Soester Bildungs-Institut für Pflegeberufe. Nun gehört sie gewissermaßen zu den Pionierinnen, die über den Tellerrand hinaussehen und mit der Generalistik Neuland betreten. Ein Neuanfang mit Hindernissen – denn nahezu zeitgleich begann die zweite Welle der Corona-Pandemie.

Die erste Bilanz nach einem Jahr fällt für die beiden Pflegedienstleiterinnen Ulrike Ollinger (Lina-Oberbäumer-Haus) und Maria Schönberg (Hanse-Zentrum) im Großen und Ganzen positiv aus. Zwar stehen Erprobung und Umsetzung noch am Anfang, sie sprechen nach den bisherigen Eindrücken aber bereits von einem Gewinn und einer Aufwertung. „Die generalistische Ausrichtung wird langfristig die Qualität in der Pflege sichern und die Attraktivität der Ausbildung steigern“, stellt Ollinger zuversichtlich fest.

Den Praxisanleiterinnen kommt eine wesentliche Rolle zu. Es sind Pflegefachkräfte, die Zusatzweiterbildungen absolvierten. „Es gibt individuelle Anleitungszeiten, Kommunikations- und Ablaufstrukturen mussten angepasst werden“, sagt Maria Schönberg. Im Hanse-Zentrum sind acht Auszubildende, davon mit Sabrina Schöberl eine nach der neuen Ausbildung. Wie bereits die theroretische erfordert auch die praktische Ausbildung von allen Beteiligten Neu- und Umdenken. Zehn Prozent der praktischen Lehrzeit muss als Anleitungszeit umgesetzt werden. Und alles, was angeleitet wird, muss dokumentiert werden. „Das stellt im Arbeitsalltag immer wieder eine große Herausforderung dar“, weiß Ulrike Ollinger, Pflegedienstleiterin im Lina-Oberbäumer-Haus.

Praxisanleiter*innen vermitteln den Auszubildenden die Grundkenntnisse der Pflege und versorgen mit ihnen gemeinsam die Bewohnerinnen und Bewohner in den Wohnbereichen. Die Auszubildenden lernen dabei nicht nur, wie man z.B. Verbände macht, sondern auch, wie sie die Pflege der Bewohnerinnen und Bewohner am besten organisieren und strukturieren können. Die Praxisanleiterinnen sorgen zum einen dafür, dass die vorgeschriebenen Ausbildungsinhalte in entsprechendem Umfang vermittelt werden. Zum anderen führen sie die Ausbildungsgespräche mit den Azubis, nehmen die Beurteilungen vor oder prüfen ihre Teamfähigkeit. „Von ihnen bekommen wir die Rückmeldungen, was gut läuft und woran wir eventuell noch arbeiten müssen.“ Im Lina-Oberbäumer-Haus sind derzeit 12 Auszubildende, davon vier in der generalistischen Ausbildung. Sechs Praxisanleiterinnen begleiten sie.

Sabrina Schöberl sieht als einen großen Pluspunkt neben der größeren Flexibilität durch fächerübergreifende Kenntnisse die Anerkennung des Abschlusses in ganz Europa. „Das ist der richtige Weg“, meint sie. Anders als bei anderen Ausbildungen kann die erste Generalistikklasse an vielen Stellen nicht auf Bewährtes zurückgreifen. „Vieles in der neuen Ausbildung wird mit uns erstmalig erprobt“, sagt Sabrina Schöberl und fügt hinzu: „Hier brechen wir auch die eine oder andere Lanze für die, die nach uns kommen.“

Davon ist auch Helene Hellmich überzeugt. Sie ist eine der Auszubildenden im Lina-Oberbäumer-Haus und gehört zur ersten Generalistikklasse des Hammer Bildungs-Institutes für Pflegeberufe, Haus Caldenhof. Nach vielen Jahren als Balletttänzerin musste sie sich während Corona anderweitig orientieren. Sie hat sich für die neue Ausbildung entschieden, da sie fachliche Schwerpunkte aus drei Disziplinen einbezieht. „Ich habe die Möglichkeit, überall hineinzuschauen und bekomme sehr viele Einblicke“, hebt sie hervor, auch wenn es sehr intensiv und fordernd sei, aber „Wenn ich einem Beruf nachgehe, dann mit Herzblut.“
Die Auszubildenden besuchen zum einen die Schule im Blocksystem, zum anderen durchlaufen sie mehrere Praxisstellen. „Ich sehe jeden Einsatz als neue Chance“, erklärt Sabrina Schöberl. „Je mehr Theorie ich kennenlerne, desto mehr Wissen kann ich im Einsatz abrufen.“

Weitere Informationen zur Ausbildung unter www.propflege.org und zu den Häusern unter www.hanse-zentrum.de, www.lina-oberbaeumer-haus.de

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